Anlässlich der Gründung unserer Salzburger Watchgroup gegen sexistische Werbung fand heute eine Pressekonferenz dazu statt.
Mehr dazu auf unserem Blog sowie in der folgenden Presseunterlage:
Salzburger Watchgroup gegen sexistische Werbung nimmt ihre Arbeit auf
In Salzburg gibt es ab sofort eine Watchgroup gegen sexistische Werbung. Zahlreiche Frauen – aus Politik, Verwaltung, NGOs bis
hin zu privaten Aktivistinnen – arbeiten bei dieser Initiative mit.
Unsere Ziele in aller Kürze:
1. Salzburgs Werbelandschaft wird frei von Sexismus
2. Bewusstsein schaffen für sensiblen Umgang mit Bildern und Sprache
3. Ein Umdenken einleiten – es geht auch anders!
Barbara Sieberth: Bürgerliste Gemeinderätin/Sprecherin Grüne Frauen
Niki Solarz: SPÖ-Landtagsabgeordnete, Badgirls
Alexandra Schmidt: Frauenbüro der Stadt Salzburg
Ursula Spannberger: ewmd Salzburg / European Women´s Management Development International Network
Im Sommer 2011 hat eine Gruppe von Frauen in Salzburg beschlossen, mit gebündelten Kräften gegen sexistische Werbung im Raum Salzburg Stadt und Land vorzugehen. Vorbild ist uns dabei die Watchgroup gegen sexistische Werbung in Graz, die uns bei der Gründung unterstützt hat und vernetzt mit uns arbeitet. „Frauen sind keine Produkte. Keine Sexobjekte. Und freuen sich auch nicht täglich über neues Waschmittel. Es ist nicht einzusehen, dass Sexismus in der Werbung immer noch ein gängiges Mittel ist und als völlig selbstverständlich gesehen wird. Das muss sich ändern“, erklärt Barbara Sieberth, Gemeinderätin und Sprecherin Grüne Frauen, warum sie die Initiative zur Gründung der Salzburger Watchgroup ergriff.
„Wir waren sofort dabei, da uns sexistische Werbung schon lange ein Dorn im Auge ist. Im Vorsommer starteten wir im Rahmen der Badgirls die Pinke-Badeenten-Aktion, um genau für dieses Problem zu sensibilisieren“, erinnert sich Niki Solarz, SPÖ-Landtagsabgeordnete/Badgirls.
„Die Breite dieser überparteilichen Zusammenarbeit gibt uns Schwung, dem Thema eine vielfältige Öffentlichkeit zu geben. Wir haben eine eigene Website unter http://www.watchgroup-salzburg.at eingerichtet, die unser zentrales Kommunikationsinstrument ist. Sie enthält die Beschreibungen zu „Was ist sexistischer Werbung“, Antworten zu gängig gestellten Fragen und weiterführende Links und Angebote. Über die E-Mail watchgroup.salzburg@gmail.com können uns Beschwerden zugeschickt werden. Wir wünschen uns rege Beteiligung und erweitern gerne unser Team um engagierte Frauen, Männer und Organisationen“, so Alexandra Schmidt, Frauenbüro der Stadt Salzburg.
Werbesujets werden anhand eines Kriterienkatalogs von der Watchgroup analysiert. Werden sie als sexistische eingestuft geht die Analyse anschließend als Beschwerde an den Werberat. Das Unternehmen wird zur Stellungnahme und zum Stopp der Werbemaßnahme aufgefordert. Alles zusammen wird auf der Homepage veröffentlicht. „Wichtig ist uns aber auch der Dialog – wir wollen nicht nur konfrontieren, sondern Sexismus bewusst machen und Unternehmen und Werbeleute dafür gewinnen, ihn zu vermeiden“, so Schmidt.
Sexismus in der Werbung – wie erkennbar?
„Sexismus in der Werbung hat leider viele Gesichter“
Grob kann in zwei Gruppen unterschieden werden: Erstens die Darstellung der Frau als Sexobjekt, es besteht kein direkter Zusammenhang mit dem Produkt, oft erkennbar am offenen Mund, halb geschlossenen Augen, laszive Pose. Zweitens die Verfestigung von Rollenklischees, wie Frauen und Männer zu sein haben, z.B. die Frau am Herd, der Mann als Retter.
Das DOKU GRAZ – Frauendokumentations- und Projektzentrum hat einen Kriterienkatalog für sexistische Werbung erarbeitet, den wir auch in Salzburg als Grundlage verwenden. In der Kurzfassung gibt es fünf zentrale Punkte, anhand derer eine Werbung analysiert werden kann:
1. Es geht um Geschlechterklischees und Rollenbilder, die reproduziert werden und dazu führen, dass z.B. junge Frauen schnell lernen, wo ihr Platz sein soll.
2. Die Sexualisierung des weiblichen Körpers, der mit dem Produkt nichts mehr zu tun hat reduziert Frauen zu Sexobjekten.
3. Körper werden oft verfälscht, z.B. Richtung dünner und glatter. Ein Schönheitsideal wird vorgetäuscht, das eine gesunde Frau nicht erfüllen kann.
4. Verharmlosung von Gewalt führt zu kranken Rollenvorbildern und suggerieren, dass Gewaltbereitschaft erstrebenswert ist.
5. Es gibt aber auch Mehrfachdiskriminierungen, Sexismus gepaart mit Würdeverletzungen Richtung Alter, ethnische Zugehö-
rigkeit, Krankheit, Armut, um nur einige zu nennen. Das lehnen wir natürlich auch ab.
Auch in Wien wird demnächst eine Watchgroup gegen sexistische Werbung ihre Arbeit aufnehmen. Zu dritt werden wir vernetzt arbeiten, um auch der Forderung nach einem bundesgesetzlichem Verbot sexistischer Werbung eine starke Stimme zu geben.
Statements der Aktivistnnen: Warum wir in der Watchgroup aktiv mitarbeiten:
• Barbara Sieberth und Christine Brandstätter, für die Grünen Frauen: Wir sind rund um die Uhr von Bildern in Medien umgeben, Werbung ist ein wesentlicher Teil davon. Was bleibt hängen? Zum Beispiel die extrem dünne, sexy und verfügbare Frau und die Mutter mit ihrem Lieblingswaschmittel. Das ist ein Teufelskreis, denn es hat unmittelbare Zusammenhänge, wie wir als Frauen und Männer miteinander umgehen und führt in sehr vielen Fällen zur Diskriminierung von Frauen auch heute. In der Watchgroup wollen wir sexistische Werbung anprangern und fordern ein bundesgesetzliches Verbot von sexistischer Werbung. Gleichzeitig unterstützen wir auch die kreative Wende in der Werbebranche, die ohne Sexismus auskommt.
• Ursula Spannberger, Architektin & Mediatorin und im Vorstand ewmd Salzburg: Ich bin Mitgründerin der Salzburger Watchgroup gegen sexistische Werbung, weil ich es inspirierend und stärkend finde, in einer Gruppe von engagierten, sehr unterschiedlichen Frauen Erfahrungen darüber auszutauschen und die Öffentlichkeit an unserem Urteil teilhaben zu lassen. Schauen Sie sich den kurzen Film von „miss representation“ zur Wirkung von Werbung auf das Rollenbild von Kindern auf der homepage der watchgroup an: http://vimeo.com/28066212. Fragen, ob es denn wirklich in der heutigen Zeit der „erreichten Gleichstellung der Frau“ noch notwendig sei, gegen Sexismus aufzutreten, werden sich danach nicht mehr stellen!
• Andrea Laher, Frauennotruf Salzburg: Was mich als Mitarbeiterin einer Fachstelle zu sexualisierter Gewalt gegen Frauen und Mädchen motiviert, mich in der Watchgroup zu engagieren: Es besteht nur eine dünne Trennlinie zwischen der Übernahme der Verfügungsgewalt über den weiblichen Körper im sexistischen Werbekontext und jener im tatsächlich statt findenden sexualisierten Übergriff auf Frauen. Und weil Pornografie und Sexismus in der Werbung mittlerweile fließende Übergänge aufweisen, gilt der alte feministische Satz: Pornografie ist die Theorie – Vergewaltigung ist die Praxis.
• Teresa Lugstein, make-it – Büro f. Mädchenförderung des Landes Salzburg: Die Auswirkungen der Bilder und Botschaften in der Werbung sind auf immer jüngere Mädchen sehr problematisch. Es werden falsche Vorbilder abgegeben, an denen sich dennoch viele orientieren! Die Watchgroup stellt eine Möglichkeit dar, um gegen Rollenklischees und Sexualisierung des weiblichen Körpers aktiv etwas zu unternehmen. Mein Wunsch ist es, Mädchen und junge Frauen hier stärker miteinzubeziehen und Aktionen mit den Mädchen zu setzen.
• Alexandra Schmidt, Frauenbüro der Stadt Salzburg: Sexistische Werbung enthält Darstellungen die nichts mit dem Produkt zu tun haben. Allzu oft stehen dahinter Abhängigkeitsverhältnisse und Klischees werden verfestigt. Normierte Schönheiten abseits der Realität sind bestimmend. Weil aber Werbung in der Öffentlichkeit viel Platz einnimmt ist es wichtig, sie zu hinterfragen und für mehr Kreativität abseits von Sexismus einzutreten.
• Niki Solarz, Dagmar Aigner, Eva Spießberger und Julia Rafetseder, für die Badgirls / SPÖ Frauen: Dagmar Aigner: Ich bin in der Watchgroup, weil es nervt, dass Frauen in der Werbung als willenlose Lustobjekte, Sextrophäen oder als Über-Mamas dargestellt werden. Frauen stehen an der Spitze von Staaten, internationalen Organisationen und Unternehmen und ich verwehre mich gegen eine Darstellung von Frauen, die sich auf Körperliches und die heile Familie konzentriert. Julia Rafetseder, Niki Solarz, Eva Spießberger: Die Frau als (Lust-)objekt? Heute lässt sich oft kein Unterschied zwischen der Darstellung von Frauen in der Werbung und in Pornos ausmachen. Die Watchgroup gegen sexistische Werbung zeigt diese Problematik auf und schafft Bewusstsein. Wir freuen uns ein Teil davon zu sein.
• Caroline Kleibel, freie Journalistin und im Vorstand des Frauen-Netzwerkes Medien Salzburg: Sehen und sichtbar machen: Medien prägen das Bewusstsein. Als Medienfrau weiß ich um diesen Zusammenhang und achte selbst in meiner Arbeit sehr genau auf geschlechtersensible Formulierungen und Darstellungen. Als engagierte Medienfrau fühle ich mich aber auch dazu legitimiert, Fehlleistungen anderer zu sehen und Missstände sichtbar zu machen.
• Sabine Veits-Falk: Historikerin und Genderbeauftragte der Abteilung Kultur, Schule und Wissen / Stadt Salzburg: Ich möchte in einer modernen, geschlechterdemokratischen Gesellschaft leben, in der Gleichwertigkeit und Chancengleichheit von Frauen und Männer eine Selbstverständlichkeit ist. Werbung, die Frauen diskriminiert und überholte, unzeitgemäße Rollenbilder festschreibt anstatt abbaut, macht aber genau das Gegenteil. Darum bin ich in der Watchgroup gegen sexistische Werbung.
• Cornelia Brunauer, gendup / Universität Salzburg: Durch die Fülle an Bildern mit sexuellen Inhalten in den Medien laufen wir Gefahr abzustumpfen und entwürdigende sexistische Darstellungen nicht als solche wahr zu nehmen. Ich bin in der Watchgroup, um darauf hinzuweisen, dass diese Ausbeutung und Benutzung von Menschen – vor allem von Frauen – diskriminierend ist und der Festschreibung von hierarchischen Geschlechterordnungen dient, die viele in unserer Gesellschaft längst überwunden glauben.
• Claudia Pichler, Stabsstelle für Frauenfragen und Chancengleichheit des Landes Salzburg: Das Ziel, dass Werbung und Kommunikation Sexismus frei ist, sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Die Stabsstelle für Chancengleichheit, Anti-Diskriminierung und Frauenförderung unterstützt seit Jahren Bestrebungen, dass solche Themen von der Basis aufgegriffen werden.
Rückfragen:
Barbara Sieberth 0676 / 423 79 54
Nicole Solarz 0664 / 852 13 98
Alexandra Schmidt 0662 / 8072-2044